Beinahe wäre Jonas Kaufmann Mathematiker geworden. Jedenfalls hatte er bereits sein Studium begonnen, als ihm klar wurde, dass er wohl doch zur Musik berufen sei. Seine Lehrer am Münchner Konservatorium schätzten zunächst seine leichte Stimmen und förderten sie nach den Regeln der Pädagogik. Kaufmann sang kleinere Rollen an den Münchner Operhäusern, wurde nach Saarbrücken engagiert und war doch unzufrieden. Da müsste musikalisch noch mehr drin sein, meinte er, suchte sich neue Lehrer und siehe da: Aus dem Ensemblesänger wurden innerhalb eines knappen Jahrzehnts einer der hoffnungsvollsten Tenöre der Gegenwart, über den die Tageszeitung The Times befindet, er sei “einer der bedeutendsten und vielseitigsten Sänger unserer Zeit”. Nun stellt sich Jonas Kaufmann mit einem eigenen Arien-Programm unter dem Dach der Decca vor – mit “Romantic Arias” auf dem Weg in den Olymp der Tenöre.
Es wurde bereits einiges über Jonas Kaufmann geschrieben. Denn der charismatische Sänger ist nicht nur ein ausgezeichneter Musiker, sondern darüber hinaus auch ein versierter Bühnenschauspieler und eine attraktive Erscheinung – quasi ein menschliches “Gesamtkunstwerk” und damit ein idealer Protagonist für die Opernbühne. “Niemand kann nur so dastehen und singen”, meint er mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen und beeilt sich hinzuzufügen: “Ich hasse es, hinsichtlich des Sexappeals eingeschätzt zu werden. Solange dies als Beigabe zur Gesangsdarbietung hinzukommt, ist das für mich in Ordnung. Aber wenn die Leute nur darüber reden und niemand bemerkt, dass man gut singt, ist etwas falsch!” So haben wir es bei Kaufmann mit dem seltenen Glücksfall zu tun, dass alle Faktoren harmonisch ineinander greifen und auf diese Weise eine Künstlerpersönlichkeit entsteht, die rundum überzeugt.
Jonas Kaufmann jedenfalls braucht sich nicht zu verstecken. Er kann auf der Bühne stehen und die Menschen im Saal zu Tränen rühren, er kann, wie der Kritikerpapst Michael Kennedy in der Zeitschrift Opera schrieb, den Leutnant Don José am Royal Opera House Covent Garden derart überzeugend verkörpern, dass er “einen neuen Standard für die Rolle setzt(e)”. Überhaupt glänzt Jonas Kaufmann durch seine Präsenz und Präsentation, seine Kunst und sein Können, seine Vielseitigkeit und Begeisterung. Er singt den Don Carlos (Zürich) ebenso überzeugend wie Wagners Walther von Stolzing (Edinburgh), Berlioz' Faust (Rom) ebenso ergreifend wie Mozarts Tamino (Met). “Es ist wie Autofahren”, meint er, auf seine Rollenflexibilität angesprochen. “Man kann nicht nur mit Hochgeschwindigkeit auf der Autobahn fahren, und man kann nicht nur langsam durch die Stadt fahren – es muss auch noch etwas dazwischen geben”.
Und damit ist auch schon das Stichwort für Jonas Kaufmanns Debüt bei der Decca gefallen. Denn seine CD “Romantic Arias” ist eine beeindruckende Sammlung von Möglichkeiten, mit der sich der Münchner Tenor präsentiert. “Ich liebe alle diese romantischen Sprachen! Auch wenn es kitschig klingt: Ich bin ein romantischer Mensch. Ich spiele gerne romantische Rollen und singe gerne romantische Musik”. Das liegt natürlich auch im Repertoire selbst begründet. Arien wie “Che gelida manina” aus Puccinis “La Bohème” oder “La fleur que tu m’avais jetée” aus Bizets “Carmen”, wie “Nein! Länger trag' ich nicht die Qualen …” aus Webers “Freischütz” oder “Pourquoi me réveiller” aus Massenets “Werther” gehören für sich bereits zum Reizvollsten, was das Genre zu bieten hat.
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