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Wegbereiter der Klassik – Alexei Lubimov spielt Carl Philipp Emanuel Bach

Alexei Lubimov
© Peter Laenger / ECM Records
23.08.2017

Es gab Zeiten, da war Carl Philipp Emanuel Bach bekannter als sein großer Vater Johann Sebastian. Was der eigenwillige Bachsohn an den Tasten zu bieten hatte, war in der zweiten Hälfe des 18. Jahrhunderts sensationell.

Wegbereiter der Klassik: Carl Philipp Emanuel Bach

Seine virtuose Spieltechnik, sein musikalischer Gedankenreichtum und seine Lust an Neuerungen lösten allseits Bewunderung aus. Der bekannteste Bachsohn war ein Avantgardist. Er ebnete den Weg für Haydn, Mozart und Beethoven. Die Wiener Klassiker sind denn auch voll des Lobes, wenn sie an ihren großen Vorgänger denken. Beethoven glaubt, dass “jeder wahre Künstler” das Werk von C. P. E. Bach studiert haben sollte. Haydn bekundet, dass er dem Bachsohn viel verdanke.

Und Mozart weiß die Elogen seiner Kollegen noch zu steigern: “Er”, schreibt er über den Hamburger Bach, “ist der Vater; wir sind die Bubn. Wer von uns was Rechts kann, hats von ihm gelernt.” Die enorme Strahlkraft des strebsamen Bachsohns, der am Hof Friedrichs II. Karriere machte und in Hamburg seine Spuren als exponierter Kirchenmusiker hinterließ, kann als unbestritten gelten. Doch worin genau besteht der Reiz seiner Kompositionskunst?

Dynamische Klangressourcen: Das Tangentenklavier

Alexei Lubimov macht sich in seinem neuen ECM-Album auf den Weg, um diese Frage am Klavier zu beantworten. Dazu hat sich der russische Pianist ein Instrument erwählt, das der Zeit des zweiten überlebenden Bachsohns angehört: das Tagentenklavier. Das cembalo-ähnliche Instrument bringt silbrige Töne hervor, die durch dynamische Abstufungen diskret variiert werden können. Das dynamische Moment kommt der Musik von C. P. E. Bach entgegen, wirkte der Frühklassiker doch daran mit, die statischen Vorgaben des Barock aufzulösen.

Carl Philipp Emanuel Bach suchte sich von seinem Vater zu emanzipieren. Sosehr er ihn auch verehrte: Er wollte anderen, und das heißt freisinnigeren, tänzerischeren, gelösteren Klängen Ausdruck verleihen. Das subjektive Moment, persönliche Empfindungen flossen unmittelbar in seine Kompositionskunst mit ein, und Alexei Lubimov demonstriert auf seinem neuen Album, dass die expressive Klanglust, die unbändige Musizier- und Tanzfreude des schillernden Bachsohns auf dem Tangentenklavier besonders gut zur Geltung kommt. 

Empfindsame Stimmungen: Visionäre Modernität

Faszinierend ist, wie sich in den teilweise mächtigen Akkordfolgen der “Freyen Fantasie” bereits die Klangmöglichkeiten eines modernen Flügels ankündigen. Doch wenn man sich von den soghaften, zutiefst suggestiven Klängen des originellen Bachsohns ziehen lässt und zu träumen beginnt, dann kann man die Töne des Tangentenklaviers bisweilen kaum von einem Zupfinstrument unterscheiden. Alexei Lubimov kostet das breite Klangspektrum des historischen Instruments genussvoll aus.

Dabei spürt man, wie nah ihm die empfindsamen Stimmungen des revolutionären Bachsohns sind. Elektrisierend modern: die Fantasie II C-Dur. Diese Komposition changiert immer wieder abrupt zwischen höchst unterschiedlichen Stimmungen. Mal meint man Freudensprünge zu vernehmen, dann wieder treten verträumte und melancholische Passagen zutage, bevor plötzlich ein virtuoses Appergio einbricht, das an die Chromatische Fantasie des Vaters erinnert.

All das bekräftigt die emotionale Differenziertheit und klangliche Modernität Carl Philipp Emanuel Bachs, die Alexei Lubimov mit seinem neuen ECM-Album leidenschaftlich vorführt. Dankbar greift man nach dem kurzweiligen Hör-Erlebnis auf das Booklet zu, das mit reichhaltigen Informationen aufwartet. Die auch für Laien gut verständlichen Texte von Alexei Lubimov und Peter Wollny, dem Direktor am Bach-Archiv Leipzig, sind ein intellektueller Hochgenuss. Interessierte erfahren hier auch einiges über das Tangentenklavier.    

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