Album insights
David Briggs war vermutlich der einzige Mensch außerhalb Frankreichs, für den der Tod Marcel Duprés im zarten Alter von neun Jahren ein einschneidendes Erlebnis darstellte. Während Gleichaltrige vielleicht eher vom Tod bekannter Persönlichkeiten wie Nikita Chruschtschow oder Ogden Nash erfuhren, dürfte der Verlust des berühmten französischen Organisten nur wenige Kinder in diesem Alter berührt haben.
Das Improvisieren an Tasteninstrumenten, ob am Klavier oder an einer elektropneumatischen Orgel aus Frankreich, wurde Briggs praktisch in die Wiege gelegt: Sein Großvater, ein renommierter liturgischer Improvisator in Birmingham, war dabei ein prägender Einfluss. Bereits ab seinem sechsten Lebensjahr improvisierte Briggs und erinnert sich noch heute an den Tag, an dem Dupré starb. Später ließen ihn Musiker wie Olivier Latry und Philippe Lefebvre die französische Orgeltradition als stetige Quelle der Inspiration entdecken.
Im Jahr von Duprés Tod begegnete Briggs auch Pierre Cochereau, dem Titularorganisten von Notre-Dame de Paris. Dieses Treffen prägte Briggs nachhaltig und hinterließ einen bleibenden Eindruck. Solche Erfahrungen führten später dazu, dass Stephen Layton und Briggs sich intensiv der Musik zuwandten und beide schließlich am King’s College in Cambridge aufgenommen wurden.
Laytons Fokus lag auf dem Dirigieren, während Briggs sich als Organist und Komponist etablierte. Obwohl er heute in den USA lebt, fühlt sich Briggs der französischen Kultur so tief verbunden, dass sie ihm nahezu instinktiv vertraut ist. Die vorliegende CD stellt eine Brücke zwischen englischer und französischer Musikkultur dar – eine musikalische Entente Cordiale.
Von Cochereau lernte Briggs viel, indem er dessen Improvisationen transkribierte, um dessen harmonische Sprache zu verinnerlichen. Dieser Prozess war zwar arbeitsintensiv, jedoch für Briggs von großer Bedeutung, da er sein musikalisches Verständnis wesentlich erweiterte.
Auf der CD präsentiert Briggs mit der Messe pour Notre-Dame eine Verbindung aus Cochereaus Improvisationskunst und seiner eigenen kompositorischen Sprache. Dabei finden sich improvisierte Sätze, die die Atmosphäre der französischen liturgischen Orgeltradition gekonnt widerspiegeln.
Briggs’ Musik besticht durch ausdrucksstarke Harmonien und farbenreiche Improvisationen. Seine Werke und Transkriptionen unterstreichen den Dialog zwischen unterschiedlichen musikalischen Traditionen und Kulturen, der auf dieser CD in besonderer Weise zum Ausdruck kommt.