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Scharwenka: Piano Music, Vol. 2

Scharwenka: Piano Music, Vol. 2

Seta Tanyel

Dauer 66 Min

Künstler:innen


Album insights

"Ich gestalte ein gewaltiges Quintett, durchdrungen vom Atem meiner Zuneigung und dem tragischen Schicksal meines Kindes. Mit einer ebenso heftigen wie wütenden Energie, die meinem schrecklichen Schmerz entspricht, werde ich etwas Kraftvolles, Großartiges und Starkes erschaffen, das die tiefsten Fasern der Vaterliebe zu seinem toten Sohn berührt. Als Letzter meines Namens werde ich es in einem Donnergrollen begraben – nicht im klagenden Blöken eines resignierten, glückseligen Schafes."

Am 10. Februar 1918 schrieb Louis Vierne an seinen Freund Maurice Blazy über seine Absichten. Das Leben hatte für ihn keine materielle Bedeutung mehr. Er verabschiedete sich von jeglichem Streben nach flüchtigem Ruhm und entsagte der eitlen äußeren Unruhe, die man den Kampf ums Leben nennt. Stattdessen widmete er sich ausschließlich dem Schaffen. Nach Bernard Gavoty erklären diese Zeilen "besser als jede Analyse die Entstehung eines Meisterwerks". Das zwischen 1917 und 1918 komponierte Quintett wurde durch den Tod seines erst 17-jährigen Sohnes Jacques im Kriegseinsatz veranlasst.

Louis Victor Jules Vierne war der Organist von Notre-Dame de Paris von 1900 bis zu seinem Tod 1937. Sein Leben war von Extremen geprägt – von nahezu vollständiger Blindheit und tiefer Sensibilität. Viernes Schmerz wurde durch Schuldgefühle verstärkt; er fühlte sich persönlich verantwortlich für den Tod seines Teenagers, da er widerwillig dessen Bitten nachgegeben hatte, sich zum Militärdienst zu melden. 1918 verlor der Komponist durch fortschreitenden Glaukom auch noch den letzten Rest seines Augenlichts, trotz einer eiligen Operation in der Schweiz. Während seiner vierjährigen Abwesenheit durch Operation und Rehabilitation vertrat ihn sein brillanter Schüler Marcel Dupré an Notre-Dame.

Das ergreifende Klavierquintett steht im deutlichen Kontrast zur Ersten Symphonie Op. 18, die 1919 zum Gedenken an einen jungen, im Kampf gefallenen Flieger komponiert wurde. Während die Symphonie mit einem "Adagio von erhabener Gelassenheit, das in einem sanften Licht endet" abschließt und einen "Epilog der Hoffnung" bietet, fehlt diese Hoffnung im Quintett von Vierne völlig. Dieses Werk drückt nicht die Gefühle des jungen Soldaten aus, sondern die tiefe Trauer des Vaters. Die zerbrochene Beziehung zu Dupré über Titularfragen – Vierne protestierte dagegen, dass Dupré den Titel "L'Organiste de Notre-Dame" verwendete, den er als exklusiv für sich betrachtete – blieb bis zu seinem Tod 1937 ungeheilt.