Album insights
Im europäischen Musikgeschehen des 18. Jahrhunderts war Migration ein prägendes Element. Während viele Musiker aus Italien auswanderten, zog es Talente aus nördlichen Regionen nach Italien. Ein Vorreiter dieser Bewegung war Cristiano Giuseppe Lidarti, ein österreichischer Komponist mit italienischen Wurzeln, der 1751 nach Italien reiste und dort dauerhaft blieb.
Lidarti erblickte am 23. Februar 1730 in Wien das Licht der Welt. Seine musikalische Bildung erhielt er zunächst von seinem Verwandten Giuseppe Bonno, dem er als "Onkel" bezeichnete, obwohl dieser sein Cousin war. Bonno leitete die kaiserliche Hofkapelle und hatte bei Leonardo Leo studiert. Lidartis Ausbildung umfasste zunächst Philosophie und Rechtswissenschaften an der Wiener Universität, parallel dazu erlernte er Harfe und Cembalo. In Italien wollte er ursprünglich bei Niccolò Jommelli seine Kompositionskenntnisse vertiefen, was ihm erst 1757 in Rom gelang. Nach Aufenthalten in Venedig und Florenz wirkte er fünf Jahre als Musiklehrer in Cortona, bevor er ab 1784 eine Anstellung als Instrumentalist (Kontrabass/Cello) an der Kirche Santo Stefano dei Cavalieri in Pisa erhielt. Dort verblieb er fast vier Jahrzehnte bis zu seinem Tod 1795.
Unsere Kenntnisse über Lidartis Leben stammen hauptsächlich aus seiner 1774 verfassten Autobiographie "Aneddoti musicali". Er korrespondierte mit bedeutenden Musikern seiner Zeit wie Padre Martini, Jommelli und dem englischen Musikbiographen Charles Burney, der ihn 1770 in Pisa traf. Diese Briefe bezeugen die hohe Wertschätzung, die man Lidarti sowohl als ausübenden Musiker als auch als Komponisten entgegenbrachte. Er wurde Mitglied der angesehenen Accademia Filarmonica in Bologna sowie der Akademie von Modena.
Sein kompositorisches Schaffen konzentrierte sich vorwiegend auf Kammermusik und Konzerte. Bemerkenswert ist sein 1774 komponiertes Oratorium "Ester" mit einem hebräischen Libretto für die jüdische Gemeinde in Amsterdam - vermutlich das erste Oratorium in hebräischer Sprache. Die Partitur galt lange als verschollen, bis sie 1997 in London wiederentdeckt wurde. Seine letzte bekannte Komposition datiert aus dem Jahr 1793.