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Here Be Dragons

Here Be Dragons

Oded Tzur

Dauer 40 Min

Künstler:innen


Album insights

Liszt leitete seine sogenannte dritte Schaffensphase in den 1860er Jahren mit dem Abschied aus Weimar und seiner Übersiedlung nach Rom ein. In dieser Zeit zog er sich zunehmend zurück, was sich in einer starken Hinwendung zur Selbstreflexion und einer Distanzierung von der öffentlichen Aufführung seiner Werke widerspiegelte – viele Kompositionen blieben zu seinen Lebzeiten unaufgeführt und unveröffentlicht. Orchesterwerke wurden seltener, und die nach dem Oratorium 'Christus' entstandenen Chorwerke sind meist von kleiner Besetzung und oft ohne Orchesterbegleitung. Auch seine Lieder und Klavierstücke zeigten eine Tendenz zur Schlichtheit, mit reduzierten Strukturen, selbst bei einigen Werken für ein größeres Publikum wie den späten Mephisto-Walzern und Rhapsodien. Abgesehen von wenigen größeren Werken wie Tänzen, sakralen Kompositionen und Zyklen, präsentiert die vorliegende Auswahl hauptsächlich späte Charakterstücke für Klavier und Bearbeitungen eigener Kompositionen. Zu dieser außergewöhnlichen Sammlung, die sich durch eine enorme kreative Vielfalt auszeichnet und Parallelen zu Beethovens späten Quartetten oder Bachs 'Musikalischem Opfer' aufweist, äußerte sich der Psychiater Anthony Storr in 'The School of Genius'. Er beschrieb, dass Künstler in ihrer späten Schaffensphase verstärkt in die Einsamkeit und innere Kontemplation gehen und weniger den Austausch mit anderen suchen. Liszt widmete sich in seinen letzten Jahren intensiv der Zukunft der Musik und hatte bereits eine Vorahnung vom Ende der von ihm geprägten Romantik. Die Werke dieser Zeit sind nicht als bloße Experimente zu verstehen, sondern das Ergebnis sorgfältiger kompositorischer Arbeit und neuer musikalischer Denkweisen. Eine Entwicklung zu melancholischeren und tief bewegenden Stimmungen durchzieht Liszts späte Werke. Er befasste sich zunehmend mit dem Streben nach Innovation und dem Bruch mit traditionellen Ausdrucksmitteln. Seine Musik zeigt eine gesteigerte Ausdruckskraft durch neuartige Harmonik, offene Formen und die Auflösung konventioneller Tonalität. Mit seinen Kompositionen reflektierte Liszt die Zeit, in der er lebte, und antizipierte musikalische Strömungen, die später von Komponisten wie Debussy, Skrjabin, Schoenberg oder Bartók aufgegriffen wurden. Persönliche Erlebnisse und intensive Emotionen spiegeln sich in seinen Werken wider. Durch Solo- und Kammermusik wie auch Orchesterstücke schuf Liszt ein vielschichtiges und nachhaltiges musikalisches Erbe. Seine Musik ist vielseitig und von großer Tiefe, prägte eine ganze Epoche und beeinflusste zahlreiche Komponisten nachfolgender Generationen. Oft finden sich in seiner Musik unterschwellige humorvolle Nuancen, die beispielsweise im 'Allegro intrepido' besonders hervortreten. Trotz des ernsthaften und tiefgründigen Charakters vieler Werke tauchen immer wieder subtile humoristische Elemente auf, die Liszts Kompositionen einzigartig machen. Im Austausch mit anderen Künstlern offenbarte Liszt auch seine persönliche Seite und hinterließ ein reiches künstlerisches Vermächtnis. Die Bandbreite seines Schaffens belegt Liszts innige Verbindung zur Musikgeschichte und seine leidenschaftliche Hingabe an das Komponieren. Mit großem Engagement erschuf er neue musikalische Welten, deren Kreativität und Innovationskraft bis heute Musiker und Musikliebhaber weltweit inspirieren.