Album insights
Ein großer Teil der frühen englischen Kirchenmusik lässt sich nicht exakt zeitlich einordnen. Die in dieser Sammlung enthaltenen Stücke stammen jedoch aus einem Zeitraum von fast zweihundert Jahren, wobei die stilistische Bandbreite deutlich ist: Sie reicht von der englischen Ars Antiqua bis hin zur „contenance angloise“, die ab den 1440er Jahren maßgeblichen Einfluss auf die Musik des Kontinents ausübte.
Das früheste Stück, „Alleluia. Christo iubilemus“, überzeugt durch die kunstvolle Ausgestaltung eines Cantus planus, der für festliche Gelegenheiten bestimmt war. Charakteristisch sind die Melismen, die den Tenor umspielen, während die Tropierung als ergänzende Textverzierung dem Werk zusätzliche Tiefe verleiht. Ein lebhafter Rondellus-Abschnitt eröffnet das liturgische Segment, wobei die Stimmen in wechselnden Kombinationen auftreten.
Bei der etwa um 1300 entstandenen Komposition „Stella maris nuncuparis“ fällt der schlichtere Aufbau ins Auge: Hier sorgen wiederkehrende Passagen und Kadenzen für einen beinahe tranceartigen Klang. Anspruchsvollere Werke wie die Doppeltext-Motette „Spiritus et alme / Gaude virgo salutata“ zeichnen sich durch mit Ornamente versehene gregorianische Melodien aus. Typisch für dieses Repertoire sind auch Quint- und Oktavparallelen sowie der Einsatz von 6–3-Klängen.
Die isorhythmische Motette „Sub Arturo plebs / Fons citharizancium“ von Alanus macht die europäischen Einflüsse deutlich: Die Stimmen sind schichtweise um einen Cantus firmus organisiert, wobei inhaltlich der Bogen von der Schöpfung bis zu Papst Gregor I. gespannt wird. Diese Entwicklungslinien der Musik zeigen sich auch in Stücken wie „Salvatoris mater pia“ von Damett und „En Katerine solennia“ von Byttering, welche eine enge Verbindung zu Heinrich V. aufweisen.
Das „Agnus Dei“ von Chirbury und das „Credo“ von Excetre spiegeln die stilistische Vielfalt des Old Hall Manuscript wider. Die Werke von Leonel Power und John Dunstaple dokumentieren den Übergang zu einem fließenderen Stil, der im 15. Jahrhundert in anonymeren Credo-Vertonungen weiterentwickelt wird. Die Kompositionen dieser Zeit zeigen eine innovative Formgestaltung mit sanften Melodielinien und flexiblen Rhythmen und verdeutlichen so den musikalischen Wandel. Den Abschluss bildet eine klangvolle und strukturierte Credo-Vertonung, die die schöpferische Brillanz der Komponisten als Ausdruck ihres Gotteslobes in den Mittelpunkt rückt.