Album insights
Am 22. November 1939 wurde ein eigens von Heitor Villa-Lobos verfaßtes gesprochenes Gebet an die heilige Cäcilia, Schutzpatronin der Musik, zur Hauptsendezeit über den brasilianischen Staatsfunk ausgestrahlt. Diese vermeintliche Andacht diente in Wirklichkeit als versteckte Propaganda für Getúlio Vargas' autoritäres Regime und zielte besonders auf die weniger gebildete ländliche Bevölkerung ab. Musik sollte als Instrument zur Stärkung nationaler Einheit, Stolz und öffentlicher Ordnung eingesetzt werden.
Nach seinen erfolgreichen Jahren in Paris kehrte Villa-Lobos 1930 in seine Heimat zurück und fand dort eine musikpädagogisch vernachlässigte Landschaft vor. Seine Pläne zur musikalischen Erneuerung stießen zunächst auf Hindernisse durch politische Umbrüche. Das Regime erkannte jedoch bald den Wert seiner Visionen und betraute ihn mit der Reform der Musikerziehung in Rio de Janeiro.
Die Einführung anspruchsvoller Musikschulungen und patriotischer Gesänge wurde durch öffentliche Bildungskonzerte ergänzt. Für Villa-Lobos stand der Chorgesang im Zentrum der musikalischen Bildung, weshalb er den Orfeão de Professores gründete, um das künstlerische Niveau Brasiliens anzuheben. In die Zeit seiner Zusammenarbeit mit dem Vargas-Regime fällt auch die Entstehung seiner bekannten Bachianas brasileiras.
Für den Film "Die Entdeckung Brasiliens" begann Villa-Lobos, indigene Musiktraditionen zu erkunden und brachte so authentische brasilianische Klänge auf die Leinwand. Das Regime versuchte, die kulturelle Vielfalt des Landes als Symbol nationaler Geschlossenheit zu instrumentalisieren. Mit sakralen Chorwerken wie der Missa São Sebastião und dem Magnificat-Alleluia wandte sich Villa-Lobos später anderen Themen zu. Der Chor Bendita Sabedoria verdeutlicht diese musikalische Hinwendung zu zeitlosen Wahrheiten und markiert eine Abkehr von früheren Kompositionen.
Nach dem Ende der Vargas-Ära konzentrierte sich Villa-Lobos verstärkt auf Opern und Orchesterwerke, während sein Engagement in Brasilien abnahm. Sein umfangreiches Chorwerk schloss er mit Kompositionen von berührender Schlichtheit und Anmut ab.