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Gustav Mahler unterschied sich im Umgang mit dem Lied deutlich von anderen Komponisten des Genres. Während seine ersten Werke wie die Lieder und Gesänge für eine Singstimme mit Klavier von 1892 sowie die ursprüngliche Version der Lieder eines fahrenden Gesellen für Klavier entstanden, komponierte Mahler später seine Lieder direkt für Orchester, darunter die Lieder nach Des Knaben Wunderhorn, Kindertotenlieder und die Rückert-Lieder. Diese Rückert-Lieder sind sowohl für Klavier als auch für Orchester aufführbar.
Von Beginn an spielte das Lied eine zentrale Rolle in Mahlers Entwicklung als Sinfoniker. Immer wieder griff er in seinen Werken Zitate aus eigenen Liedern auf, etwa aus Des Knaben Wunderhorn oder den Liedern eines fahrenden Gesellen. Besonders die Umwandlung letzterer Werke lieferte prägendes Material für seine Erste Sinfonie. Nach der vierten Sinfonie verlagerte sich sein literarischer Einfluss zu Rückerts Poesie, die eine fruchtbare Grundlage für neues sinfonisches Schaffen bot.
Pianisten, die sich an Mahlers Lieder wagen, sollten berücksichtigen, dass diese oft mit orchestralen Strukturen gedacht wurden. Die Entwicklung des Kunstliedes war eng mit dem Klavier verbunden. Klavierbegleitungen etwa von Schubert oder Wolf erinnern häufig an Opernorchester. Ein Gespür für Mahlers Orchesterfarben kann Pianisten dabei helfen, adäquate Klänge am Klavier zu erzeugen.
Wer mit den Orchesterfassungen vertraut ist, vermisst vielleicht zunächst die orchestralen Farben. Doch Klavieraufführungen bieten ein höheres Maß an Intimität und Feinheit. Die frühen Lieder aus dem Jahr 1892, die alle für Klavier geschrieben wurden, spiegeln Mahlers Suche nach Zusammenhängen in Volksmusik und Natur wider.
Die Texte der Lieder eines fahrenden Gesellen stammen von Mahler selbst. Im ersten Lied, Wenn mein Schatz Hochzeit macht, stehen bäuerliche Szenen den Klagen des Liebenden gegenüber. Ging heut morgen übers Feld zeichnet einen düsteren Grundton, der sich im Verlauf aufhellt. Das Lied Ich hab' ein glühend Messer beschreibt heftige emotionale Erschütterung nach Liebesverlust.
Im Februar 1901, nach gesundheitlichen Problemen, vertonte Mahler Gedichte von Rückert. Diese Texte ermöglichten ihm eine besonders persönliche Identifikation. Werke wie Ich bin der Welt abhanden gekommen geben Einblick in Mahlers tiefste Empfindungen. Das Stück Blicke mir nicht in die Lieder thematisiert die Zurückgezogenheit des Künstlers während des kreativen Prozesses.
In den Rückert-Vertonungen zeigt sich Mahlers enge Verbindung zu Rückerts Dichtung. Die Komposition von Liebst du um Schönheit war eine subtile Botschaft an Alma Mahler, um ihrer selbst willen zu lieben. Die Kindertotenlieder spiegeln Mahlers emotionale Auseinandersetzung und seine Suche nach Trost wider. In diesem Wetter, in diesem Braus endet mit einer Apotheose des Trostes.
Die Darstellung von Kindersterblichkeit in den Kindertotenliedern wird häufig mit Mahlers persönlicher Lebenserfahrung in Verbindung gebracht, auch wenn sie oftmals als Vorahnung seines späteren Verlustes gedeutet wird. In seinen Vertonungen dieser Gedichte bringt Mahler das Wechselspiel von Licht und Dunkel, Trauer und Hoffnung, Schmerz und Trost auf eindrucksvolle Weise zum Ausdruck.