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Eduard Mörike wurde einst als schlichter Romantiker betrachtet und verkörperte das literarische Biedermeier, ein Verfasser beschaulicher Gedichte und ansprechender Märchen. Kellers Einschätzung nach Mörikes Ableben verstärkte diese Wahrnehmung. Das Antlitz des Poeten mit Brille, das uns von Bildnissen entgegenblickt, formte ein verzerrtes Abbild dieses bedeutsamen deutschen Dichters. Die Beschaulichkeit und der Witz, die viele seiner Verse prägen, fungierten tatsächlich als Schutzwall gegen intensive Emotionen, die ihn bedrängten.
Mörike zeigte seit seinen jungen Jahren eine außergewöhnliche Empfindsamkeit. Besonders die Todesfälle in seiner Familie erschütterten ihn zutiefst, insbesondere der Verlust seines Bruders und seiner geliebten Schwester Luise. Eine unerfüllte Zuneigung zu Maria Meyer vertiefte sein Leid erheblich. Obwohl er versuchte, zerstörerische Gefühlsausbrüche zu meiden, durchziehen seine Dichtungen wiederholt Anspielungen auf unerwiderte Liebe und Untreue. Seine Tätigkeit als Pfarrer brachte ihm keine Erfüllung, und er wechselte mehrfach seine Stelle, bevor er schließlich 1834 in Cleversulzbach wirkte.
Für seinen Beruf als Geistlicher konnte Mörike keine Begeisterung aufbringen. Zwar schuf er religiöse Verse, die zu den schönsten in deutscher Sprache zählen, doch die kirchliche Welt erschien ihm wenig befriedigend. In seinem Umfeld fühlte er sich unwohl und suchte Zuflucht in Traumwelten und Visionen. Er erschuf die fiktive Insel Orplid und verfasste den romantischen Bildungsroman "Maler Nolten".
Sein Dasein war von Ereignisarmut geprägt, bis er Margarethe von Speeth kennenlernte und nach Stuttgart übersiedelte. Trotz zweier Töchter gestaltete sich seine häusliche Situation nie vollkommen glücklich, was auch seine Tagebucheinträge belegen. Dennoch pflegte Mörike Freundschaften mit Theodor Storm und anderen. Letztlich trennte er sich von seiner Frau und führte bis zu seinem Tod im Jahre 1875 ein unstetes Leben.