Album insights
Zu Beginn meines Projekts, sämtliche Tastenwerke von J. S. Bach einzuspielen, zog mich insbesondere die Vielfalt der Notentext-Varianten und die unterschiedlichen Handschriften der Kopisten in den überlieferten Abschriften in ihren Bann. Diese Faszination resultiert wohl aus einer Eigenart, stets alles zu hinterfragen. Doch gerade für jene, die sich mit Fragen der Interpretation auseinandersetzen, erscheint es wesentlich, die verschiedenen Quellen als solide Grundlage zu sehen, anstatt Authentizität auf ein enges Repertoire an Gesten zu beschränken, das lediglich auf wenigen, meist abstrakten Quellen basiert.
Bezüglich der flexiblen Satzanzahl innerhalb einer Suite lohnt es sich, die Denkweise der Musiker des 18. Jahrhunderts zu beleuchten. Auch wenn es schwierig ist, den Charakter eines Werkes eindeutig zu bestimmen, kann die Berücksichtigung der unterschiedlichen Überlieferungen und Fassungen dazu beitragen, Bachs Französische Suiten besser zu verstehen – besonders dann, wenn unerwartete Sätze auftauchen, die womöglich aus dem Unterricht von Gerber stammen.
Es ist hervorzuheben, dass die Französischen Suiten keineswegs als weniger bedeutend gelten sollten als andere Kompositionen Bachs. Zwar wirken später entstandene Werke wie die Partiten komplexer, doch spiegeln die Französischen Suiten ebenso die Essenz von Bachs kompositorischem Können wider.
Gerade bei der g-Moll-Suite ist die Zuweisung zu Bach am unsichersten; obwohl die Urheberschaft fraglich bleibt, wurde sie wegen ihrer Eigenart dennoch aufgenommen. An Stücken wie BWV 815 lässt sich erkennen, dass die zentrale Idee eines Werkes über einzelne Motive und Gesten hinausgeht.
Die Auswahl von Werken aus unterschiedlichen Quellen kann eine Interpretation hervorbringen, die so vielleicht nie existiert hat. Solche Variationen in der Überlieferung eröffnen neue Perspektiven und helfen, Bachs Musik in einem umfassenderen Zusammenhang zu erfassen.
Je nachdem, ob Clavichord oder Cembalo gespielt wird, eröffnen sich verschiedene Zugänge zur Musik. Die Interpretation wird maßgeblich von der individuellen Erfahrung des Interpreten geprägt, auch wenn die Grundlagen erhalten bleiben.
Durch die herangezogenen Werke und Quellen ergibt sich insgesamt eine vielschichtige Deutung, die nicht nur über die Grenzen traditioneller Aufführungspraktiken hinausgeht, sondern wissenschaftliche Erkenntnis und künstlerische Gestaltung vereint.