Zu den Inhalten springen
Pärt: Triodion & Other Choral Works

Pärt: Triodion & Other Choral Works

Polyphony, Stephen Layton

Dauer 79 Min

Komponist:innen


Album insights

Üblicherweise wird die Entwicklung des virtuosen Pianisten und Klavierkomponisten zwischen Mozart als Ausgangspunkt und Rachmaninow als Schlusspunkt eingeordnet; das Schaffen Liszts gilt als zentrales Bindeglied dieser Tradition. Im zwanzigsten Jahrhundert nimmt das Klavier jedoch einen geringeren Stellenwert im Gesamtwerk vieler Komponisten ein als noch in der Romantik. Zwar komponierte Strawinski für das Klavier, doch blieben diese Werke im Schatten seiner berühmten Orchesterkompositionen. Dennoch entstanden auch im zwanzigsten Jahrhundert bedeutende Klavierwerke, häufig von Komponisten, die mit dem Instrument bestens vertraut waren, etwa Maurice Ravel, Pierre Boulez, Elliott Carter oder George Crumb, ohne dass sie notwendigerweise als Pianisten auftraten.

Die Linie des Pianisten-Komponisten setzt sich mit Frederic Rzewski fort, der seit den 1960er-Jahren eine zentrale Rolle in der internationalen Kunstszene einnimmt. Geboren 1938 in Westfield, Massachusetts, erhielt Rzewski seine musikalische Ausbildung bei herausragenden Lehrern wie Charles Mackey, Walter Piston, Roger Sessions und Milton Babbitt. Während seines Studiums in Harvard begegnete er prägenden Einflüssen durch John Cage und David Tudor. Ein Fulbright-Stipendium ermöglichte ihm einen Aufenthalt in Italien, wo er bei Luigi Dallapiccola lernte und gemeinsam mit dem Flötisten Severino Gazzelloni musizierte. Sein Renommee als experimenteller Komponist und avantgardistischer Pianist wuchs stetig. Zusammen mit Alvin Curran und Richard Teitelbaum gründete er in Rom die Gruppe MEV, die elektronische Musik und Improvisation innovativ verband und eine Schnittstelle zwischen klassischer Avantgarde und Jazz schuf.

Gegen Ende der 1960er und zu Beginn der 1970er Jahre durchdrangen Improvisation und theatrale Elemente zunehmend Rzewskis Werk. In Kompositionen wie „Les Moutons de Panurge“ aus dem Jahr 1968 widmete er sich melodischen Strukturen, während andere Stücke bereits den Minimalismus vorwegnahmen. Prägend für sein Schaffen war auch der Einsatz gesellschaftlich und politisch relevanter Texte. Rzewski bezog seine Inspiration sowohl aus der amerikanischen Populärmusik als auch aus radikalen politischen Strömungen, die er in seinen Werken verarbeitete.

Diese vielfältigen Einflüsse spiegeln sich auch in den Interpretationen von Marc-André Hamelin wider, der Rzewskis bedeutendes Klavierwerk „The People United Will Never Be Defeated!“ ausgewählt hat. Das auf einem chilenischen Lied basierende Variationenwerk ist repräsentativ für die Phase von 1971 bis 1976, in der Rzewski in New York lebte und sich intensiv mit der Verbindung von Sprache und Musik auseinandersetzte. Diese Komposition steht für Rzewskis Bemühen, komplexe musikalische Strukturen einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Die Variationen entstanden auf Anregung der Pianistin Ursula Oppens, die für ein Konzert im Kennedy Center ein Werk neben Beethovens „Diabelli-Variationen“ wünschte. Rzewski komponierte die Variationen in kurzer Zeit zwischen September und Oktober 1975. Das Werk zeichnet sich durch eine vielfältige, virtuose und streng strukturierte Gestaltung aus. Die einzelnen Variationen durchlaufen unterschiedliche musikalische Ebenen – von einfachen Motiven über rhythmische und melodische Entwicklungen bis hin zu komplexen Kombinationen. Jede Variation ist klar gegliedert und in den Gesamtzusammenhang eingebettet. Nach Rzewskis eigener Interpretation folgt eine triumphale Rückkehr zum Hauptthema, ergänzt durch eine Improvisation und Wiederaufnahme durch Marc-André Hamelin.

Paul Jacobs, ein engagierter Vertreter zeitgenössischer Musik, regte Rzewski 1979 zur Komposition der „North American Ballads“ an. Rzewski griff dabei auf Techniken der Choralbearbeitung Bachs zurück und schuf durch Verfahren wie Augmentation und Diminution sowie die Wahrung melodischer Grundstrukturen innovative Werke wie „Down by the Riverside“ und „Winnsboro Cotton Mill Blues“, die amerikanische Themen musikalisch neu interpretierten. Die Klaviermusik Rzewskis aus den 1970er-Jahren belegt, wie sich Innovationsgeist und Zugänglichkeit in der Musik harmonisch verbinden lassen.