Album insights
Zwischen 1906 und 1918 komponierte Richard Strauss keine Lieder. Nach dem Erfolg der Salome-Aufführung 1905 konzentrierte er sich darauf, seinen Ruf als bedeutender Opernkomponist des beginnenden Jahrhunderts zu festigen. In dieser Zeit entstanden Werke wie Elektra (1908), Der Rosenkavalier (1910) sowie die beiden Fassungen von Ariadne auf Naxos aus den Jahren 1912 und 1916. Erst 1917, nachdem er die Partitur der Frau ohne Schatten abgeschlossen hatte, wandte er sich erneut dem Lied zu. Mit den Brentano-Liedern op. 68 schuf er seinen wichtigsten Liederzyklus nach den Vier letzten Liedern, die erst drei Jahrzehnte später folgten.
Clemens Brentano, eine Schlüsselfigur der deutschen Romantik, pflegte enge Kontakte zu Wieland, Herder, Goethe und Schlegel. Sein Leben war unkonventionell und ruhelos; jahrelang reiste er wie ein fahrender Sänger durch das Land. Die tiefe Freundschaft zu Achim von Arnim, der Brentanos Schwester Bettina heiratete, führte zur Publikation der Sammlung "Des Knaben Wunderhorn". Strauss vertonte drei Texte aus diesem Werk, bevor er sich 1918 sechs Gedichten Brentanos zuwandte. Inspiriert von deren bildhafter Sprache komponierte er virtuose Gesangspassagen und anspruchsvolle Klavierbegleitungen. Die Brentano-Lieder entstanden ursprünglich für Elisabeth Schumann, wurden jedoch nur einmal vollständig aufgeführt.
In den Jahren bis 1918 kam es zudem zu Auseinandersetzungen mit seinem Verlag Bote & Bock, nachdem Strauss einen für ihn ungünstigen Vertrag unterschrieben hatte. Aus diesem Grund hielt er die Brentano-Lieder zunächst zurück und bot dem Verlag stattdessen den Krämerspiegel-Zyklus an. Die vorliegende CD vereint die Brentano-Lieder mit 15 weiteren Liedern für hohe Stimme, die zwischen 1888 und 1900 entstanden sind. Bereits in den "Mädchenblumen" nach Gedichten von Felix Dahn zeigt sich Strauss’ Sinn für literarische Feinfühligkeit und musikalische Raffinesse. Hans Giessen, erster Tenor an der Weimarer Hofoper, war der Widmungsträger der gesamten Sammlung und interpretierte Strauss’ Lieder häufig – oft begleitet vom Komponisten selbst am Klavier.