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Eine erfüllendere Einleitung in eine vielversprechende Laufbahn als Komponist ist kaum vorstellbar. Im Sommer 1895 verbrachte der 17-jährige Ernst von Dohnányi die Ferien nach seinem ersten Studienjahr an der Königlich-Ungarischen Musikakademie. Zu dieser Zeit erhielt er eine Postkarte von Hans Koessler, seinem Kompositionslehrer, der sich in Bad Ischl aufhielt – dort verbrachte auch Johannes Brahms den Sommer. Das Klavierquintett von Dohnányi, das bei einer Prüfungskonzertpremiere als großer Erfolg gefeiert wurde, beeindruckte Brahms. Auf dessen Wunsch übermittelten Arthur Nikisch und das Kneisel Quartett das Werk, das Brahms so überzeugte, dass er eine Aufführung in Wien am 25. November desselben Jahres organisierte.
Wer das Klavierquintett Nr. 1 in c-Moll, op. 1 hört, versteht, weshalb Brahms so angetan war. Das viersätzige Werk steht in romantischer Tradition, demonstriert bereits auf studentischem Niveau außergewöhnliche Beherrschung von Form und Kontrapunkt und beeindruckt mit seiner Gestaltungskraft. Im ersten Satz verbindet der düstere Marschcharakter des Allegros, ausgestattet mit weiten Melodiebögen und einer Coda in C-Dur statt c-Moll, traditionelle Ansätze mit neuen Einflüssen. Das temperamentvolle, humorvolle Scherzo des zweiten Satzes spiegelt Dohnányis eigenständigen Stil wider. Im "Adagio, quasi andante" des dritten Satzes erinnern die Melodien an Robert Schumann. Das Finale, ein Allegro animato im 5/4-Takt, nimmt das Hauptthema des ersten Satzes wieder auf und bringt das Werk zu einem feierlichen Abschluss.
Gleichzeitig stieß Dohnányis Festhalten an romantischen Traditionen, das Brahms schätzte, bei ungarischen Modernisten auf Ablehnung; sie warfen ihm Nachahmung vor. Kritiker bemängelten, seine Musik sei nicht unabhängig genug. Trotz dieser frühen Einwände blieb Dohnányi seiner konservativen Ausbildung treu. An der Musikakademie in Budapest erhielt er eine stark deutsch geprägte Ausbildung und verzichtete bewusst auf ethnologische Studien, um einen eigenen ungarischen Stil zu entwickeln. Stattdessen setzte er darauf, dass seine Herkunft in seinen Werken erkennbar bleibe.
Nach seinem Abschluss 1897 etablierte sich Dohnányi rasch als angesehener Pianist und Komponist. Anschließend folgte er einem Ruf nach Berlin und komponierte dort das Streichquartett Nr. 2 in Des-Dur, op. 15, das mit seinen drei Sätzen und komplexen thematischen Verflechtungen seine Bereitschaft zeigte, sich von traditionellen Formen zu lösen. Das Werk schließt mit einem eindrucksvollen Rückgriff auf frühere Themen. 1914 feierte Dohnányi seinen größten Erfolg mit den Variationen und dem Klavierquintett Nr. 2 in es-Moll, op. 26.
Mit seiner Rückkehr nach Ungarn verschärfte sich der Gegensatz zwischen Dohnányis musikalischer Ausrichtung und den Modernisten. Als eine der führenden Persönlichkeiten im ungarischen Musikleben unterstützte er junge Komponisten wie Bartók, stand jedoch der Moderne kritisch gegenüber. In seiner Funktion als Musikdirektor beim Ungarischen Rundfunk förderte er zahlreiche Uraufführungen, wies jedoch einige moderne Werke zurück, was zu Kritik und Neid führte. Nach seinem Weggang aus Ungarn im Jahr 1944 wurde Dohnányi von manchen Musikern der Zusammenarbeit mit der faschistischen Regierung und des Verrats an progressiven Komponisten beschuldigt.
Die von Koessler und Brahms vermittelten Traditionen prägten Dohnányis Schaffen über Jahrzehnte. Während seine Musik zunächst als veraltet kritisiert wurde, setzte später eine Neubewertung ein, die seine Werke als bedeutende Beiträge zur Spätromantik würdigte. Trotz anfänglicher Vorbehalte fand Dohnányis Musik, auf romantischer Grundlage ruhend, Anerkennung, und sein eigenständiger Stil wurde als Ergebnis einer kontinuierlichen Entwicklung jenseits der Einflüsse von Schumann und Brahms geschätzt.