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Tormis: Reminiscentiae

Tormis: Reminiscentiae

Tallinn Chamber Orchestra, Estonian Philharmonic Chamber Choir, Tõnu Kaljuste

Dauer 78 Min

Album insights

Josquin Després' Bekanntheit überdauerte sein Ableben im Jahr 1521 und war besonders in Deutschland so groß, dass zahlreiche Werke anderer Komponisten unter seinem Namen kursierten. Einige dieser fraglichen Kompositionen weisen stilistische Parallelen zu Stücken auf, die heute anderen Komponisten zugewiesen werden. Viele Musikliebhaber hielten diese Werke dennoch lange Zeit für authentisch, wodurch ihre Einschätzung bis heute unser Bild von Josquin prägt.

Mit der neuen CD erhält das Publikum die Gelegenheit, sich ein eigenes Urteil zu bilden. Es werden Stücke aus Josquins offiziellem Werkbestand jenen gegenübergestellt, die inzwischen anderen Meistern zugeschrieben werden. Obwohl es finanziell lohnend war, zweifelhafte Werke als Josquins Kompositionen zu veröffentlichen, galt es häufig als ein Zeichen besonderer Qualität, Musik seinem Namen zuzuordnen. Die präsentierten Werke, ob von Josquin selbst oder seinen Zeitgenossen, spiegeln individuelle Stile und musikalische Kreativität wider.

Die Urheberschaft der einleitenden Motette "Inter natos mulierem" zu Ehren Johannes des Täufers ist nicht eindeutig geklärt. Unabhängig von ihrem Schöpfer behauptet dieses prachtvolle Stück mit Recht seinen Platz im Repertoire. Die Klagemotette "Planxit autem David" beeindruckt durch ausdrucksstarke Textvertonung und meditative Klangfarben; der Tonfall ist eher nachdenklich als trauernd, doch die künstlerische Ausdruckskraft bleibt spürbar.

Für Othmar Luscinius war Nicolas Craen ein Musterbeispiel moderner Kompositionskunst, was sich in seiner Motette "Tota pulchra es" widerspiegelt. Ebenso wird "Verbum bonum et suave" wegen der ungeklärten Autorenschaft geschätzt – ein Hinweis auf Josquins hohes Ansehen. Die Zuweisung von "Veni sancte spiritus" an einen weniger bekannten Zeitgenossen unterstreicht die Qualität und Vielschichtigkeit dieses Werkes.

Das "De profundis" wird wechselnd Josquin oder einem anderen Komponisten zugesprochen und erfährt, ungeachtet der Urheberfrage, große Wertschätzung durch Glareanus. "Ave caro Christi caro" gilt mittlerweile als Werk von Noel Bauldeweyn, dessen musikalische Ausdruckskraft die Motette bereichert. Auch "Recordare, virgo mater" wird Josquin nur mit Vorbehalt zugeordnet, bleibt aber dennoch faszinierend.

Als Inbegriff von Josquins Kunst gilt "Pater noster / Ave Maria". Die innige Verbindung beider christlicher Gebete verleiht der Interpretation außergewöhnliche Tiefe. Josquin selbst wünschte, dass dieses Stück bei Prozessionen vor seinem Haus gespielt werde – ein Zeichen seiner Verbundenheit mit der eigenen Musik und seinem Nachruhm.