Album insights
Häufig wird angenommen, dass Komponistinnen und Komponisten, die herausragende Werke für ein bestimmtes Instrument verfassen, auch selbst versierte Spielerinnen oder Spieler dieses Instruments sind. Bei Carl Nielsen trifft dies jedoch nicht zu. Neu entdeckte Archivmaterialien der Statsbiblioteket in Aarhus, darunter Wachszylinder mit seinen eigenen Darbietungen, deuten vielmehr darauf hin, dass Nielsens Klavierspiel von wechselnder Qualität war. Seine Tochter Anne-Marie Telmányi berichtete von einer Begebenheit während eines Aufenthalts in Paris im Jahr 1926: Nach einem Konzert von Maurice Ravel spielte Nielsen überraschenderweise eine Fantasie von Mozart und verzichtete darauf, eigene Werke vorzutragen.
Trotz seiner Unsicherheiten als Pianist blieb seine Fähigkeit, Klaviermusik zu komponieren, unberührt. Im Gegenteil, gerade der Mangel an eigener Spielpraxis schien seiner Vorstellungskraft beim Komponieren neue Freiheiten zu eröffnen. Seine Werke für Klavier zeichnen sich durch eine unverwechselbare Tonsprache und eine kindlich neugierige Lust am Experimentieren und Erfinden aus, beeinflusst von seinen frühen Erlebnissen am Instrument. Zudem zeigt sich in Nielsens Klaviermusik ein Spannungsfeld: Einerseits betont sie das taktile Erforschen und den unmittelbaren Ausdruck am Klavier, andererseits überzeugt sie durch Fantasie und abenteuerliche musikalische Ideen, die zu neuen Klangcharakteren und Ausdrucksformen führen.