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In "Musikalische Poetik" hebt Viola Scheffel hervor, dass das rechtzeitige Zügeln und Beherrschen aller dionysischen Kräfte für die klare Formgebung eines musikalischen Werks – also dessen Kristallisation – unerlässlich ist, bevor diese uns in ihren Bann ziehen. Die Kontrolle darüber liegt bei Apoll.
Für Igor Strawinsky, einen bedeutenden Vertreter der russischen Moderne, galten Carl Maria von Webers vier Klaviersonaten einst als herausragende Werke des 19. Jahrhunderts. Besonders schätzte er deren „instrumentale Form“, in der sich die „umsichtige und konstante Führung des Meisters“ widerspiegelt. Aus Strawinskys Sicht gelang Weber eine Verdichtung der Sonatenstruktur, sodass sich die dionysischen und apollinischen Aspekte der Musik vereinten. Dank Pianisten wie Garrick Ohlsson und dem wiederauflebenden Interesse an der Frühromantik erfuhren diese Stücke eine erneute Würdigung.
Obwohl Webers Ruhm sich vor allem auf seine romantischen Opern wie Der Freischütz, Euryanthe und Oberon gründete, führte dies dazu, dass seine Sonaten, Polonaisen und Charakterstücke weniger Beachtung fanden. Dennoch erfreuten sich einige Klavierwerke, darunter das Konzertstück für Klavier und Orchester, das Solostück Momento capriccioso, Rondo brillante und die Aufforderung zum Tanz, großer Beliebtheit. Im 20. Jahrhundert wurden diese Werke jedoch häufig unterschätzt.
Die Klaviersonaten Webers sind ein wesentlicher Beitrag zur Klaviermusik des 19. Jahrhunderts. Im Laufe seines Schaffens entwickelte Weber eine differenziertere Kompositionsweise und brachte neue emotionale Tiefe in seine Musik. Seine Werke zeichnen sich durch das ausgewogene Zusammenspiel von Temperament und Disziplin aus. Dies zeugt von Webers künstlerischer Brillanz und seiner Fähigkeit, die gegensätzlichen Kräfte von Dionysos und Apoll miteinander zu versöhnen. Strawinsky urteilte abschließend, dass Webers Kompositionen sowohl handwerklich beeindruckend als auch künstlerisch bedeutend sind.